14 
           

Buchbesprechung

Im Auftrag für Freiheit und Frieden

Walther, Christian: Im Auftrag für Freiheit und Frieden. Versuch einer Ethik für Soldaten der Bundeswehr, Berlin 2006, 124 Seiten, 12,80€.
ISBN 3-937885-05-6
Sich an der Formulierung einer Ethik für Soldaten zu versuchen, ist ein hehres Anliegen. Damit ist aber eigentlich schon fast alles über "Im Auftrag für Freiheit und Frieden" gesagt.
Christian Walther, emeritierter Professor für Evangelische Theologie, mutet seiner Zielgruppe, dem deutschen Soldaten, es sei gleich vorweg genommen, nicht viel zu. Eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit den drängenden Problemen (z.B.: In welcher Spannung stehen Auftrag - (deutsche) Interessen - Recht - Werte - ethische Prinzipien? Wie komme ich zu einer verantworteten Gewissensentscheidung?) findet nicht wirklich statt, vielmehr stellt der Autor allenfalls suggestive, um nicht zu sagen: banale Fragen. So meint er zum Auftrag des Soldaten, Frieden und Freiheit in Afghanistan zu sichern: "Wie wird mit der Freiheit umgegangen?...darf alles, was sich als Chance bietet, genutzt werden?...ist das der Sinn der Freiheit, Menschen mit Drogen versorgen zu können...? (39). Unwillkürlich nickt der geneigte Leser.

Dass W. für eine Befreiung von Klischees plädiert (56, 57 unten) merkt man dem Werk selbst kaum an. Häufig werden Allgemeinplätze bedient ("Geben Führende ein schlechtes Beispiel ab, dann dürfen sie sich nicht wundern, wenn Soldaten auch diesem Beispiel folgen", 71).

Zur Bestimmung des Ethos nennt das Buch die Persönlichkeit des Soldaten, sein Gewissen und Gehorsam in Verantwortung. Es bleibt offen, wie sich diese Faktoren zueinander verhalten und in welchem Maße sie dieses Ethos begründen. Stattdessen werden hinlänglich bekannte und weitschweifig Beispiele für einen Widerstand aus Gewissensgründen genannt.

Enttäuschend auch die Abschnitte über Tugend und Werte, die unverbunden nacheinander abgehandelt werden. Ein erwarteter christlicher Bezug fehlt völlig; W. beschränkt sich auf die Aufzählung der aristotelischen Tugendbegriffe ohne nähere Beschreibung derselben.

Dem Büchlein fehlt es an Systematik: alle irgendwie mit Ethik und Soldat verwandten Begriffe (Freiheit, Dienen, Tugend, Gehorsam, Innere Führung, Würde, Ehre...) sollten untergebracht werden. Das lässt viel Interpretionsspielraum zu. Preußens Tugend und das Konzept der Inneren Führung, so viel Walther darüber auch richtiges schreibt, liegen wohl (zu) einfach als Folie über seiner Ethikkonzeption.

Fazit: Dass das Buch in Bundeswehrkreisen so hoch gelobt wird, verwundert nicht - es tut nicht weh, es stellt keine neuen Fragen, es gibt keine neuen Antworten, es ist nett. Ein Versuch. Und den Buchtitel "Im Auftrag für Freiheit und Frieden" hätte auch der Pressestab des Bundesverteidigungsministeriums kaum besser formulieren können.

Sollte der eine oder andere Soldat (sorry, Mädels, aber Soldatinnen kommen hier nicht vor) das Buch auch nach dieser Rezension noch lesen, kleiner Tipp: das Kapitel "Soldatsein vor neuen Herausforderungen" gleich überspringen, das wissen Sie selber.

Petra Hammann