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Wann haben Sie zuletzt in den Spiegel geschaut?

Pastoralreferent Bernhard Heimbach, Katholisches Militärpfarramt Berlin II
Mitte Januar wurde das Bundeswehr-Krankenhaus Berlin erfolgreich rezertifiziert. Nach 2006 die erste Nachuntersuchung. Drei Tage lang ging ein Prüferstab, bestehend aus einer Dame und lauter Herren im feinen Zwirn, von Abteilung zu Abteilung, um so das gesamte Krankenhaus nach vorgegebenen Kriterien auf seinen Qualitätsstandard zu prüfen. Bei den Verantwortlichen stieg der Adrenalinspiegel zum Teil gewaltig, andere sahen der Prüfung eher gelassen entgegen. Von der Abteilung QM (Qualitätsmanagement) war eigens ein Mitarbeiterstab mit der Vorbereitung dieser Maßnahme befasst worden; so manche Überstunde wurde geleistet, damit nach dem 15. Januar das Krankenhaus erneut das Qualitätszertifikat "rezertifiziert" tragen konnte.

Den Begriff dürfte heute zumindest jeder kennen, der entweder als Patient oder beruflich mit dem, was im Mittelalter als Spital ohne Rücksicht auf wirtschaftliche Gegebenheiten zur Genesung der Kranken gegründet wurde, schon einmal zu tun hatte. Heute ist ein Krankenhaus genauso ein Wirtschaftsunternehmen wie jeder andere Betrieb auch, der schwarze Zahlen schreiben muss, will er auf Dauer seine Existenzberechtigung haben. Faktisch bedeutet das, dass die Bediensteten oft bis an den Rand der Belastbarkeit zu tun haben, damit die Patientinnen und Patienten trotz mancher nicht besetzten Stelle bestmöglich behandelt werden. Ohne sie gäbe es die Einrichtung immerhin nicht. Und sogar die Krankenhaus-Seelsorge gehört heute im "heidnischen" Berlin mit zu den Standards, die für die Rezertifizierung erfüllt sein müssen, weil ohne sie wichtige Dienste nicht mehr geleistet werden könnten. Zeit für ein Gespräch, in dem nicht selten schwierige Lebensfragen deutlich werden, haben die Pflegenden häufig nicht mehr.

Trotzdem:

Rezertifikation - was ist das und welche Bedeutung hat sie für uns?
Der Begriff kommt aus dem Lateinischen (certus: sicher; facere: tun, machen) und bedeutet: bestehende Qualitätsstandards bestätigen lassen, von Neuem Sicherheit bekommen. Ein Krankenhaus kommt heute ohne regelmäßiges "Updaten" seiner Qualitätsstandards nicht mehr aus, will es mithalten im Konkurrenzkampf des Gesundheitssystems. Die stetige Suche nach Fehlern bzw. nach notwendiger Modernisierung ist immer wieder wichtig. Und nach erfolgreicher Rezertifizierung hat die nächste Prüfung drei Jahre Zeit.

Updaten, Rezertifizieren ist auch für jeden von uns wichtig. Kein Beruf kommt ohne regelmäßige Fehlersuche und Weiterbildung aus. Und, genauso wichtig: Auch als Mensch, als Frau und Mann, als Soldatin und Soldat, als Mama und Papa, egal in welcher Rolle wir uns sehen, brauchen wir eine solche Rezertifizierung. Mit einem Unterschied: Wir sind dazu eingeladen, aber nicht verpflichtet. Wenn wir uns dem nicht stellen, vermissen viele zunächst mal nichts. Und wir brauchen auch keine Sanktionen zu befürchten. Unser Schöpfer lädt uns aber ein, mit seiner Hilfe selber festzustellen, wann das für uns dran ist: zu schauen, wo wir etwas ändern sollten. Für manchen ist das gar nicht so einfach: Man hat keine Zeit, weil dies und jenes alles wichtiger ist. Man hat es möglicherweise durch die eigene Sozialisation auch nie gelernt. Gründe dagegen finden sich bei vielen schneller als Gründe dafür.

Ab Ende Februar sind wir alle wieder dazu eingeladen, sogar mit hinreichendem Vorlauf: Der Aschermittwoch als Beginn der Fastenzeit bietet dazu eine Möglichkeit. Mit Enthaltsamkeit von Überflüssigem, mit Fasten, schließlich damit, sich wieder (?) einmal Zeit zu nehmen für sich selbst oder den/die Partner/in. Im In-sich-Hineinhorchen, wo stehe ich jetzt eigentlich im Stress des Alltages, ist schon manchem etwas aufgegangen. Und die darauf folgende Änderung hat sich als fruchtbringend erwiesen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und den Mut zum Blick in den Spiegel. Es lohnt sich bestimmt!

Bernhard Heimbach, Pastoralreferent